Schatten – Die neue Leidenschaft
Aus fotografischer Sicht war die Zeit nach New York schwierig: das Highlight des Jahres war vorüber, eine gewisse Neuorientierung und das Setzen neuer Ziele war notwendig. Meine „Life in Black and White“ Serie am frühen Morgen und die Tour in Hamburg waren weitere kleine Highlights, doch der fotografische Ausblick fehlte irgendwie.
Inzwischen ist mir aber bewusst geworden, dass sich in dieser Zeit heimlich still und leise eine Veränderung in meinem Sehen vollzogen hat. In New York hat das bereits begonnen, in dem ich sehr viel auf die Straße, auf Spiegelungen, auf Schatten geachtet habe und versucht habe, diese Dinge ansprechend umzusetzen.
Seitdem hat sich der Sonnenstand weiter vertieft, die Schatten werden immer länger, die kalte klare Luft schafft gute Kontraste und Sonnenauf- und -untergang liegen in gut erreichbaren Zeiten.
Meine beiden Ausflüge in den Englischen Garten haben dieser Entwicklung ganz unverhofft einen großen Dienst erwiesen und ich habe ganz neue Motive entdecken können. Ganz einfach, indem ich mich auf das Wesentliche konzentriert habe: den Schatten. Schatten sind mein neues Lieblingsmotiv.
Wie in meiner schwarzweißen Street-Serie schon zu sehen, eignet sich diese Vorgehensweise ja auch bestens, um die Straßenfotografie soweit zu anonymisieren, dass es auch rechtlich keine Schwierigkeiten geben wird. Und in Zusammenhang mit dem Großstadtleben passt mir diese Artdes Anonymisierens sehr gut, und starke Schatten schaffen kontrastreiche Fotos – kurzum, ich bin sehr zufrieden mit einigen Bildern, die auf diese Weise entstanden sind.
Nicht mehr der Mensch steht jetzt im Vordergrund, sondern seine Schatten, die Silhouette, die Hülle, das Anonyme. Es werden nicht unbedingt Emotionen übertragen, aber es beschreibt den Mensch in seinem Alltag, es beschreibt das Leben, frei von üblichen Äußerlichkeiten wie Aussehen, Mimik oder Kleidung. Wichtiger werden dagegen Körperhaltung, Gestik und Accessoires.
Und wo viel Licht ist, gibt es ja erfreulicherweise auch immer genug Schatten, um diese Details festzuhalten.
Die Traurigkeit, dass der Sommer und der Herbst mit den tollen Motiven vorbei ist, und nun der Winter angekommen ist, ist auch schon lange verflogen. Es geht einfach darum, aus jeder Jahreszeit das beste herauszuholen, und den Winter habe ich in dieser Hinsicht gerade sehr liebgewonnen.